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Radium –
Geschichtliches
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Geschichtliches

Es begann mit der Entdeckung der Röntgenstrahlung

Im Jahre 1895 hatte Wilhelm Conrad Röntgen die nach ihm benannte Strahlung entdeckt. In Paris beschäftigte sich Henri Becquerel mit der Fluoreszenz von Kristallen. Röntgens Entdeckung veranlasste Becquerel, zu untersuchen, welche Kristalle bei Einwirkung der Röntgenstrahlung fluoreszieren. Bei diesen Experimenten stieß Becquerel 1896 auf die Erscheinung der Radioaktivität: Uranminerale senden ohne Anregung von außen ständig Strahlung aus.

Die Röntgenstrahlung fand bald nach ihrer Entdeckung Eingang in die praktische Medizin, ermöglichte sie doch bisher ungeahnte Einblicke in den Körper. Nicht wissend um die Folgen starker Röntgenstrahlung, arbeitete das Bedienungspersonal der Röntgenröhren anfangs völlig ungeschützt vor der Strahlung. Doch bald merkte man, dass die Strahlung die Haut verbrennen konnte. Etliche Röntgenassistenten starben, oft nach langem Leiden, an Krebs. Erst nachdem diese tragischen Fälle auftraten, begann man sich Gedanken um den Schutz des Personals zu machen. Schutzmöglichkeiten sind durch Abdecken gefährdeter Körperpartien mit genügend dicken Bleiplatten und durch vorsichtigen Umgang mit der Strahlung gegeben.

Die Erkenntnis, dass Strahlung Gewebe zerstören kann, machte man sich zu Nutze, um mit ihrer Hilfe bösartige Geschwüre zu zerstören. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Anwendung der Röntgenröhre für diese Zwecke jedoch wegen ihrer Unhandlichkeit und der schlechten Dosierbarkeit der von ihr ausgehenden Strahlung sehr problematisch. Keinesfalls nämlich darf man die damaligen Röntgenapparate mit den heutigen High-Tech-Produkten vergleichen, die sehr wohl eine genaue Dosierung der Strahlung zulassen.

Der Einsatz des Radiums zu "Heilzwecken"

Das neu entdeckte, stark strahlende Radium bot einen Ausweg. Die radioaktive Strahlung zeigt bei Einwirkung auf Haut und Gewebe die gleichen Effekte wie die Röntgenstrahlung. Durch Einschmelzen von festen Radiumsalzen wie Radiumbromid, Radiumchlorid oder Radiumsulfat in Ampullen gewann man Strahlenquellen, die leicht auch an schwer zugänglichen Stellen des Körpers eingesetzt werden konnten. Ja sogar unter die Haut ließen sich derartige Strahlenquellen verpflanzen. Wässrige Radiumsalz-Lösungen wurden auch zu Einspritzungen in bösartige Geschwulste verwendet. Die einsetzende Nachfrage nach Radiumpräparaten hatte eine enorme Preissteigerung für das nur in geringen Mengen zu gewinnende Element zur Folge. Was lag angesichts dieser geglaubten "Heilwirkung" des Radiums näher als dieses in umfassender Weise als "Medizin" einzusetzen? Schon vor der Entdeckung der Radioaktivität hatte man das "Joachimsthaler Grubenwasser" als Mittel gegen Gicht und Rheumatismus verwendet. Noch nach dem ersten Weltkrieg wurde das radiumhaltige Grubenwasser in speziellen Nahrungsmitteln, wie zum Beispiel dem "Radium-Zwieback", verarbeitet.

Radium-Zwieback (etwa 1920) aus St. Joachimstal (heute: Jáchymov, Tschechische Republik)

Radium-Trinkkuren

In Unkenntnis der von den radioaktiven Strahlen ausgehenden Gefahren wurden ärztlicherseits Trinkkuren mit sehr stark verdünnten wässrigen Lösungen von Radiumsalzen empfohlen.

Bad Kreuznach wirbt mit dem Slogan »Stärkstes Radium Soolbad« (1909)
Postkarte aus dem Jahre 1909: Bad Kreuznach wirbt mit dem Slogan "Stärkstes Radium Soolbad".

Prospekt aus den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts: Das "Radiumbad Brambach" ernennt sich zum "Stärksten Radium-Mineralbad der Welt".










Im Prospekt wird sogar extra herausgestellt, dass das Radium aus der Brambacher Wettinquelle im Körper eingelagert wird und dort natürlich weiter strahlt. Interessant ist das mit Brambacher Heilwasser hergestellte "Radiogramm". Das Heilwasser aus Bad Brambach hat, lässt man es lang genug auf einer unbelichteten Fotoplatte stehen, immerhin eine solche Radioaktivität, dass es die Platte im Negativ schwärzt. Die Abbildung zeigt das zugehörige positive Bild. Die auf die Platte gelegten Gegenstände haben die Strahlung zurückgehalten.

 

 
Der Badezusatz (Bild links) aus den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts wurde vom "Denver Radium Service" als Mittel gegen Nervosität, Schlaflosigkeit, allgemeine Erschöpfung, Arthritis und Rheuma vertrieben.
Die kleine Flasche "Radithor" (ca. 1928, Bild rechts) enthielt ca. 14 g dreifach destilliertes, mit 226Ra ("Radium") und 228Ra ("Mesothorium") versetztes Wasser. Der Hersteller des Produkts, die Firma Bailey Radium Laboratories in East Orange, New Jersey, USA, garantierte eine Aktivität der beiden Radiumisotope von mindestens jeweils 1 Mikrocurie und bot demjenigen, der den Nachweis erbringen könne, dass ihr "Radithor" weniger als die genannte Strahlungsaktivität aufweisen sollte, eine Summe von 1000 US-Dollar. Bailey Radium Laboratories musste diese Summe nie auszahlen. Unzweifelhaft ist der Tod des amerikanischen Geschäftsmannes und Golf-Champions Eben Byers mit der Anwendung von "Radithor" verknüpft. 1928 begann Byers auf Empfehlung seines Arztes mit der Einnahme von "Radithor" zum Auskurieren einer Unfallverletzung. Auch nach Ausheilung der Verletzung behielt Byers die "milde" Radiumtherapie bei und trank durchschnittlich drei Flaschen "Radithor" täglich. Erst nach dem Auftreten von Zahnausfall und von Wunden an der Schädeldecke beendete Byers im Jahre 1930 die "Radithor"-Anwendung. Sein Tod im Jahre 1932 alarmierte die Mediziner und die Öffentlichkeit. Erst jetzt begann endlich die breite Öffentlichkeit, die von solcher Art missbräuchlicher Verwendung des Radiums ausgehenden Gefahren zu erkennen.

 

Fotos: Dr. Andreas Kronenberg, Los Alamos National Laboratory, USA

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