Bei den Transactinoiden beginnt die Auffüllung der 6d-Niveaus der
Elektronenhülle. Es ist zu erwarten, dass diese Elemente (Rf, Db, Sg
und folgende) die gleiche Außenelektronenanordnung besitzen wie die
jeweils in der Gruppe darüber stehenden leichteren Gruppenmitglieder
(Hf, Ta, W und folgende) und dass sie von daher in ihrem chemischen Verhalten
diesen ähneln. Bei den Transactinoiden kommen nun »relativistische Effekte«
ins Spiel. Damit ist folgender Sachverhalt gemeint: Im Vergleich zu den
jeweils leichteren, darüber stehenden Gruppenmitgliedern ist bei den
Transactinoiden die positive Kernladung wesentlich höher, so dass die
den Kern umkreisenden Elektronen der Hülle stärker beschleunigt werden.
Berechnungen für das Rutherfordium-Atom (Kernladungszahl 104) ergaben,
dass sich das 1s-Elektron mit etwa
228.000 km/s (= 76%
der Lichtgeschwindigkeit) bewegt. Beim Element 118 ergibt sich dafür
schon ein Wert von etwa
258.000 km/s (= 86% der
Lichtgeschwindigkeit). Nach der Einstein'schen Relativitätstheorie
wächst aber mit der Geschwindigkeit eines Körpers zugleich seine
Masse. Die Massenzunahme fällt umso deutlicher aus, je näher die
Geschwindigkeit an die Lichtgeschwindigkeit heranreicht. Diese nicht zu
vernachlässigende Massenzunahme des Elektrons wirkt sich auf die
Anziehungskräfte zwischen Kern und Elektronen aus und führt zu
einer räumlichen Veränderung der Orbitale und der Lage der Energieniveaus.
Eine sich möglicherweise daraus ergebende Veränderung der Anordnung
der Außenelektronen würde Einfluss haben auf das chemische Verhalten.
Erste chemische Untersuchungen zeigen, dass die Eigenschaften der Transactinoide
nicht einfach aus dem Verhalten der anderen Gruppenmitglieder extrapolierend
erschlossen werden können.
Relativistische Rechnungen zeigen, dass beim Seaborgium das 7s-Orbital energetisch unter den 6d-Orbitalen liegt.
Auf Grund der geschilderten Effekte kann es sein, dass ab einer bestimmten
Kernladungszahl die Einordnung der Transactinoiden-Elemente in das Periodensystem
völlig anders vorgenommen werden muss. Bei nur geringen relativistischen
Effekten sollte sich das Transactinoid wie ein nomales Gruppenmitglied verhalten.
Experimentelle Untersuchungen des chemischen Verhaltens der Elemente Dubnium bis
Hassium (Elemente 105 bis 108) deuten darauf hin, dass diese Elemente zu Recht
ihren Platz in den Nebengruppen V bis VIII (5. bis 8. Gruppe) haben. Man vermutet,
dass etwa ab dem Element 112 sich die relativistischen Effekte im chemischen
Verhalten der Elemente deutlich bemerkbar machen. So könnte es zum Beispiel
sein, dass Element 112 leichter flüchtig ist als das in der Gruppe darüber
stehende Quecksilber, dass es schwer zu oxidieren sein wird und dass es Edelgascharakter
besitzt und sich ähnlich wie Radon verhält. Der mögliche Edelgascharakter
von Element 112 wurde von einer internationalen Arbeitsgruppe am JINR in Dubna untersucht.
Zwei Atome des Elements 112 verhielten sich im Experiment wie ein flüchtiges
Schwermetall, also ähnlich wie Quecksilber und nicht wie Radon.